Sonntag, 26. September 2010

Giving birth to an overweight child

"Ich erinnere mich nicht mehr an das zweite Semester. Nur das erste. Ich glaube, mein Hirn versucht, den Schmerz zu verdraengen, damit ich im zweiten Jahr noch mal in der Lage bin, an einem Film zu arbeiten. Einen Film zu machen ist ein bisschen wie ein uebergewichtiges Kind zur Welt zu bringen."
--- eine sehr weise Kommilitonin aus dem 2. Jahr

Dieses Jahr sieht der Plan des Story-Departments so aus: "Damit ihr nicht die ganze Arbeit am Ende des Semesters habt, packen wir den Grossteil in die ersten drei Wochen."
Das sieht dann in der Praxis so aus, dass wir ein Storyboard fuer einen 2minuetigen Film in einer Woche fertigstellen und erntet aehnliche Reaktionen von der Klasse, als wenn sie uns gebeten haette, unsere Schuhe zu essen. Im Moment arbeite ich die Wochenenden durch, was mir erstaunlich wenig ausmacht, weil wir verdammt viel Abwechslung kriegen.

Mein Sozialleben beschraenkt sich im Moment auf die Lunch Breaks, wo ich den Rest meines Studiengangs treffe. Ich beginne, mich einzugewoehnen. Die Leute sind einfach herzig. Einge ganze Schule voller Nerds. Hatte letztes Wochenende meine erste Pirates vs Ninjas-Diskussion. Was mich sehr verwundert ist, dass sich die meisten Leute an mich erinnern (ich mich peinlicherweise selten an sie). Anscheinend habe ich eine sehr unverwechselbare Silhouette. Gutes Character Design.

Rik Makis Klasse ist anstrengend, aber lehrreich. Diese Woche gestalten wir daheim unseren eigenen Superhelden - es waere wirklich einfacher, nicht zu viel Arbeit in die Klasse zu stecken, wenn die Aufgaben nicht so verdammt spassig waeren.
Hatte einen kleineren Anfall von Frustration, als mir nach 3 Tagen Durcharbeiten aufging, dass ich nicht alle Assignments perfekt absolvieren kann. Besonders nicht im ersten Jahr in der ersten Woche. Der Trick ist, sie gerade so perfekt hinzukriegen, dass man alle schafft.

Jede Woche nach der Klasse sitzen etwa 5 von uns noch eine halbe Stunde mit Rik Maki im Klassenraum und lauschen mit grossen Augen seinen Anekdoten von Disneys goldenem Zeitalter.
Sein Lieblingsspruch ist "...wenn ihr nicht bei Staples enden wollt!", also hielt ich es fuer angemessen, ihm mit einem Anflug von Haeme zu erzaehlen, dass wir dort einen Ex-Disney-Animator getroffen haben, der in an der Kasse arbeitete. (Staples ist ein Grosshandel fuer Buerobedarf und nebenbei Auffangbecken fuer gescheiterte Kuenstler, etwa so wie Boesner).
Ich hatte mir den Namen auf dem Schild gemerkt. Rik Maki reagierte unerwartet sentimental - bei Disney hatte er mit ihm ein einem Zimmer gewohnt, und er hielt grosse Stuecke auf ihn. Die Haeme verging mir sehr schnell.

Weitere erwaehnenswerte Ereignisse: Acting for Animators bei dem Schauspieler, der die Referenz fuer John Smith aus Pocahontas war - mittlerweile spielt er meistens Boesewichte. Wenn einer seiner perfiden Plaene, uns an Schauspielerei heranzufuehren, mal wieder aufgegangen ist, lehnt er sich zurueck und lacht ein Erzschurken-Lachen. Sehr episch.

Dann Geburtstagsfeier von Trevor aus dem 3. Jahr, auf dem Campus, mit Vorfuehrung von "Dr. Horribles Sing-Along Blog". Wurde in der Zeit des Autorenstreiks geschrieben, ist low budget, aber professionell, und eine der besten Geschichten, die ich in langer Zeit gehoert, gelesen oder gesehen habe. Wer es noch nicht kennt: unbedingt anschauen.
Der Autor schreibt normalerweise Drehbuecher fuer Serien und Filme, zum Beispiel ist er (und sein Bruder, ein Komponist) verantwortlich fuer die Buffy-Musical-Folge.
Ich kenne zumindest EINE Person, der das was sagt.
Wem das nur "Oh Gott, Buffy..." sagt: Nicht abschrecken lassen.
 Es geht immerhin um den Aufstieg eines echten Erzboesewichts und verrueckten Wissenschaftlers in die Evil League of Evil.




Bad Horse
Bad Horse
Bad Horse

He rides across the nation
The thoroughbred of sin
He got the application
That you just sent in

It needs evaluation
So let the games begin
A heinous crime,
 a show of force
A murder would be nice of course

Bad Horse
Bad Horse
Bad Horse
He’s Bad


The Evil League of Evil
Is watching so beware
The grade that you receive
Will be your last we swear
So make the Bad Horse gleeful
Or he’ll make you his mare...
You’re saddled up
There’s no recourse
It’s Hi-Ho Silver
Signed, Bad Horse



Schoenes Wochenende!



Mittwoch, 15. September 2010

Robot Bears

Die erste Woche ist beinahe überlebt. Besondere Erwähnung verdient an dieser Stelle die Campingnacht im Character Design-Department für die Cube-Nummer
(kurze Erklärung an dieser Stelle: Cubes sind diese hübschen kleinen quadratischen Zellen, in denen der geneigte amerikanische Salaryman sein Büroleben fristet. An den Hochschulen werden die Studenten daher gezielt eingewöhnt - die Cubes sind bunt, kuschelig und zum Zeichnen da. Und man freut sich tatsächlich noch drauf, welche zu bekommen. So sehr, dass man willens ist, einen halben Tag und eine Nacht auf dem Flur zu campieren, um einen guten Platz zu bekommen.
"to cube" ist an Calarts übrigens ein anerkannter Bestandteil der englischen Sprache.
"So I heard Milton cubed right here?"
"No, I haven't seen Fred, he's been cubing for the last 3 days or so").

Weiterhin nennenswert ist der Character Design-Kurs mit Rik Maki, dem die Klasse bis heute abend zitternd entgegensah.
Keiner von uns hatte den Kerl vorher schon mal gesehen, aber es gab da dieses Gerücht aus dem 2. Jahr, dass er dieses Mädchen da zum Weinen gebracht hat, und Leuten erzählt, dass sie nicht zeichnen können, und wirklich keine Geduld und so weiter und so weiter.
Als es dann heute wirklich soweit war, trat die Klasse geschlossen 20 Minuten zu früh im Kursraum an und erlitt kollektiv Herzanfälle, wann immer sich die Tür öffnete,
bis sich die Spannung um 10 nach 7 endlich mit einem "You can shut up now, I'm here" entlud.

Anscheinend kann er sich's leisten, hat die letzten 20 Jahre für Disney Charactere designt.
War dann auch gar nicht so schlimm. Viel Arbeit, viel Zeichnen, viel Spaß, viel lehrreich.
Er hat niemanden an den Kopf geworfen, er könne das mit dem Zeichnen gleich vergessen, sondern viel erklärt, viel kritisiert und höchstens zwischendurch angemerkt "Die da ist nichts geworden" oder "Die sind nicht gut". Habe sogar 2 "Die sind nicht schlecht" geerntet und bin sehr stolz...
An dieser Stelle ein tief empfundenes Dankeschön an Jürgen Waller, der mich mit seiner schieren Muffeligkeit bestmöglich auf jedwede Kritik vorbereitet hat (und von dem hier in der Bibliothek tatsächlich 6 Bücher stehen!)

Oh, und es gibt Hausaufgaben. Gut, dass ich keine Hobbies habe. Nee, wirklich. Die Wochenenden kriegen wir auch so rum.

So long
und
zum Abschied noch eine Weisheit von Rik Maki:
"Everyone does good and bad drawings. Sometimes I can't believe how many shitty drawings are in these fingers. The secret is to minimize the shitty drawings and just do more good ones."

Sonntag, 12. September 2010

Conquering silly-country of Sillyness

Bin nun seit etwa einer Woche in Kalifornien.
Draußen hat's lauschige 35 Grad (muss die Fahrenheit Degrees mal lernen... ich kann mich nicht mal anständig über's Wetter unterhalten) und unsere Suitenachbarn haben sich endlich eine Trillerpfeife zugelegt, damit sie ihre Stimmbänder nicht mehr übermäßig strapazieren müssen, um uns den Schlaf zu rauben.

Ich befinde mich auf dem Campus des California Institute of the Arts, kurz CalArts, es ist der 12. September und morgen fangen die Kurse an - Character Animation, erstes Jahr.

Bisher habe ich das Gefühl, stilistisch gibt es keine Einschränkungen außer "sei gut".
Der ganze Verein ist sehr "artsy", aber die Animationsstudenten lernen ihr Handwerk von der Pike auf mit Stundenplänen von 9-22 Uhr. Das erste Jahr wurde uns liebevoll als Animation Bootcamp vorgestellt...
Die Professoren sind alle angesehene Fachleute auf ihrem Gebiet und viele von ihnen haben bei Disney, Pixar oder Dreamworks gearbeitet oder tun es immer noch. Keine Beschwerden bisher, aber Kurse fangen ja auch erst morgen an. Bin aufgeregt, habe viel gezeichnet in den letzten Tagen. Saugute Leute hier, die meisten besser als ich, den Skizzenbüchern nach.
Meine Mit-CAs sind im Schnitt nett, etwas nerdy und 21 Jahre alt, aber Durchschnitt setzt sich immer aus Extremen zusammen...

Wie überlebt der gemeine Deutsche eigentlich die Muffeligkeit seiner Mitmenschen?
Fühle mich etwas antisozial hier in Kalifornien, die Leute sind sehr aufgeschlossen, interessiert und meistens freundlich. Oberflächlich? Mal sehen. Nervbolzen gibt's allemal.
Unsere Suitenachbarn machen an 5 von 6 Tagen Party. Wehe, sie zeichnen besser als ich. Würde mich frustrieren.
Muss zeichnen gehen und besser als sie werden.

So long